TopBlogs.de das Original - Blogverzeichnis | Blog Top Liste Das Elixier der Jugend Ein fantastischer Roman: Der Bettler

Der Bettler

Der Bettler

Wie man es so macht, wenn man Urlaub hat und sich in einer fremden Stadt aufhält, man geht auf
„Entdeckungsreise“ — so auch ich. Der Name der Stadt und auch das Land, wo sie lag, sind für meine kleine Erzählung völlig unerheblich und ehrlich gesagt: ich weiß es sogar gar nicht mehr. Einzig wichtig ist, dass meine dort gemachte Erfahrung überall auf der Welt hätte passieren können und vielleicht kannst auch Du ähnliches berichten. Doch hör Dir erst einmal meine Geschichte an und dann will ich auch gerne Dir zuhören...

Ich ging also wie ein echter Tourist brav mit meiner Stadtbeschreibung los, um die Sehenswür- digkeiten zu erkunden. Aber nach ungefähr zwanzig Minuten passierte das, was mir immer passiert. Ich hielt mich nicht an meine vorgeschlagene Besichtigungsroute und bog rechts ab in eine malerisch verlockende, verwinkelte Seitengasse. Wegen dieser meiner Eigenschaft, mich nicht starr an einen Plan zu halten, sondern mich gewissermaßen von einer unbekannten Macht führen zu lassen, nahm ich ja auch nie mehr an Gruppenführungen teil. Der Zwang, meiner inneren Stimme zu folgen, war nämlich so groß, dass diese Situation schon mehrmals eingetreten war.

Ich ging also, wie jetzt immer alleine, durch die kleine Gasse, stieg ein paar Stufen herab und dann, nach einer plötzlichen Wendung in eine noch verlockendere Gasse nach links, wieder einige Treppen herauf. Auf einmal war ich an einem romantischen kleinen Platz gelandet mit einem verzaubernd plätschernden Springbrünnlein in der Mitte und einer halb verfallenen romanischen Kirche im Hintergrund.


Auf der Kirchentreppe saß, wie so vielerorts, dem ersten Anschein nach ein Bettler. Beim näheren Hinsehen jedoch strahlte er eine solche Würde aus, dass ich die Münze, die ich ihm zustecken wollte, beschämt ganz schnell wieder in meiner Hosentasche verschwinden ließ. Sein Gesicht und seine ganze Erscheinung waren zwar vom Schicksal gezeichnet, aber er war durch das Erlittene nicht gebeugt. Sein zerlumpter und durchlöcherter Umhang sah in dem milden Licht der schräg durch ihn hindurchscheinenden Abendsonne aus, wie das mit Sternen übersäte Gewand eines Magiers. Der Mann mit seinem zerfurchten Gesicht undefinierbaren Alters bemerkte meine Verlegenheit und bot mir mit einer königlichen jedoch freundlich-einladenden Geste einen Platz neben sich auf der Kirchentreppe an. „Setz Dich doch ein wenig zu mir, mein Freund.“, sagte er mit einer etwas rauen aber dennoch unglaublich warmen Stimme. „Erzähl mir ein wenig von Dir. Du scheinst mir ein ruheloser Suchender zu sein, wie so viele in unserer Zeit.“

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